Argumente gegen die Vorratsdatenspeicherung
Mit der Vorratsdatenspeicherung sollen 6 Monate lang generell alle Verbindungsdaten von allen Bürgerinnen und Bürger gesammelt und gespeichert werden. Zur diesen Daten gehört zum Beispiel, wann man mit wem wie lange telefoniert hat. Im Fall von Mobiltelefonen kommt dazu, dass die Standort der Teilnehmer gespeichert werden. Daraus lassens ich leicht Bewegungs- und Verhaltensprofile bilden. Hier werden Maßnahmen, die sonst nur gegen Schwerverbrecher eingesetzt werden, auf ganz normale, unbescholtene Bürgerinnen und Bürger angewandt. 82 Millionen Deutsche werden ständig beobachtet, um einige Kriminelle zu fassen.
Schwerer Eingriff in die Grundrechte / Unverhältnismäßigkeit
Warum wird nicht gespeichert, wer wann in welchem Auto wohin gefahren ist? Immerhin hat der Individualverkehr den Kommunikationstechniken zehntausende Tote und Millionen von Verbrechen voraus! Die Antwort ist: Aus gutem Grund. Wir wollen in einem freien Land und in einem Rechtsstaat leben, in dem nicht jeder Mensch qua Geburt verdächtig ist und jeden jeden Tag wieder seine Unschuld beweisen muss. Die Vorratsdatenspeicherung hebt die Unschuldsvermutung auf. Der Achtklässler mit dem Handy seiner Eltern ist genauso verdächtig, wie seine Oma. Es wird gespeichert, wann er wo ist, wann er seine Oma trifft usw. Das ist eine Behndlung, wie sie früher nur Schwerverbrechern widerfahren ist. Die Unschuldsvermutung ist im Grundgesetz implizit (Art. 20), in der Europäischen Menschenrechtskonvention explizit (Art. 6) enthalten. Überwachungsmaßnahme erfordern einen Anfangsverdacht mit “zureichende tatsächliche Anhaltspunkte.” (§ 152 Abs. 2 Strafprozessordnung). Die Befürworter der VDS kriminalisieren alle Bürgerinnen und Bürger: Wir sind alle potentielle Terroristen, vor denen sich der Staat schützen muss. Das ist nicht verhältnismäßig und widerspricht den Werten der Sozialdemokratie.
Auswirkung auf die Meinungsfreiheit
Beobachtung verändert die Menschen. Man spricht in Gegenwart von Kameras anders als “Off the Record”. Wer weiß, dass alles mögliche über sein Verhalten gespiechert wird, verändert sein Verhalten. Die Menschen verhalten sich angepasster. Fatal für eine plurale Gesellschaft.Das BVerfG hat hierzu die Grundsätze deutlich festgelegt: “Wer unsicher ist, ob abweichende Verhaltensweisen jederzeit notiert und als Informationen dauerhaft gespeichert, verwendet oder weitergegeben werden, wird versuchen, nicht durch solche Verhaltensweisen aufzufallen…..Dies würde nicht nur die individuellen Entfaltungschancen des Einzelnen beeinträchtigen, sondern auch das Gemeinwohl, weil Selbstbestimmung eine elementare Funktionsbedingung eines auf Handlungs- und Mitwirkungsfähigkeit seiner Bürger begründeten freiheitlichen demokratischen Gemeinwesens ist.”
Verlagerung des staatlichen Gewaltmonopols auf die Privatwirtschaft
Für die korrekte Umsetzung der Vorratsdatenspeicherung waren bisher allein die Telekommunikationsunternehmen zuständig. Eine wirksame Qualitätssicherung und Kontrolle durch den Staat wurden nicht durchgeführt.
Datenschutz/Datensicherheit
“SteuerCDs” und Adresshandel haben gezeigt, dass der einzige effektive Schutz gegen Daten-Missbrauch ist, Daten gar nicht erst zu erheben. Die Sammlung der Daten bei unzähligen privaten Unternehmen wird zwangsläufig dazu führen, dass Daten missbraucht werden. Wer solche Datenmengen sammelt muss die Verantwortung dafür tragen, dass die früher oder später öffentlich werden. Da es technisch nicht möglich ist, die Datenquellen zu differenzieren, werden auch immer Daten von Geheimnisträgern gespeichet: Von Anwälten, Ärztinnen, Politikern, Staatsanwaltschaften, Polizei usw. aufgezeichnet. DAS werden die ersten sein, die öffentlich oder von Kriminellen genutzt werden.
Zweifelhafte Wirksamkeit und fehlender Nachweis der Notwendigkeit
Die Erfahrungen mit der Vorratsdatenspeicherung haben in mehreren parlamentarischen Anfragen in den Bundesländern gezeigt, dass die Äufklärungsquote sich nicht signifikant erhöht, wenn Vorratsdaten zur Verfügung stehen. Bisher konnten die Strafverfolgungsbehörden die durch eine fehlende VDS entstehenden Lücken nicht nachweisen. Eine unabhängige Evaluation hat nicht stattgefunden und ist auch in den kommenden Verfahren nicht geplant. Der tiefgreifende Eingriff in die Grundrechte entzieht sich der parlamentarischen Kontrolle.
Leicht zu umgehen
Die Internetverbindungsdaten sind für die Aufklärung schwere Straftaten vollkommen wertlos, weil moderne Router in der Regel immer online sind. Alles was über das Internet an Kommunikation stattfindet, könnte nur um den Preis vollkommender Überwachung alle Inhalte passieren. Dann muss alles nach chinesischem Vorbild inspiziert werden. Und selbst dann ist es leicht möglich, die Überwachung zu umgehen. Diese Art der Rund-um-Überwachung ist aber bei Verdächtigen schon heute möglich. Dazu brauchen wir keine Vorratsdatenspeicherung.
Grenzen des Grundgesetzes müssen nicht ausgenutzt werden
Das Bundesverfassungsgericht hat der bisherigen Vorratsdatenspeicherung eine Absage erteilt und definiert, wie eine VDS innerhalb der Grenzen des Grundgesetzes ausgestaltet sein müsste. Aber nur weil man etwas innerhalb von Grenzen tun kann, muss man es nicht tun. Grenzüberschreitungen werden dann mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit passieren.